Queerfeindliche Gewalt ist kein Einzelfall mehr – sondern organisiert.
Zwei Tage nach Bekanntwerden der erschütternden Vorfälle rund um eine rechtsextreme Tätergruppe, die systematisch queere Menschen attackiert, reicht Entsetzen allein nicht mehr aus. Die HOSI Linz fordert von der Politik auf allen Ebenen entschlossene Maßnahmen zum Schutz von LGBTIQ*-Personen – und zwar jetzt.
[Linz, 23. März 2025] – „Wir sprechen hier nicht mehr von individuellen Hassdelikten, sondern von organisierter Gewalt gegen unsere Community. Mitten in Österreich. Der jüngste Tatverdächtige ist 14 Jahre alt – das zeigt, wie tief der Hass bereits in Teilen der Gesellschaft verankert ist“, warnt Michael Müller, Vereinssprecher der HOSI Linz.
Ein Hotspot dieser Gewalt liegt ausgerechnet in Oberösterreich.
Auch hier kam es zu Hausdurchsuchungen und Festnahmen. Das ist kein Zufall. Oberösterreich hat sich in den letzten Jahren zunehmend zu einem Nährboden für rechtsextreme Gruppen und queer*feindliche Einstellungen entwickelt. Polarisierende Debatten, ein auffälliges Schweigen vieler Verantwortungsträger*innen bei queer*feindlichen Vorfällen, sowie das Ausbremsen von Aufklärungsprojekten an Schulen tragen ihren Teil dazu bei.
„Wir erleben es immer wieder in unserer Arbeit: Queer*feindlichkeit in Oberösterreich wird oft verharmlost oder ignoriert – von der Schulbank bis zur Landespolitik. Genau dieses Wegschauen hat Konsequenzen“, so Müller.
Die HOSI Linz dankt ausdrücklich den Ermittlungsbehörden und Einsatzkräften, die mit enormem Aufwand und Entschlossenheit gegen diese Tätergruppe vorgegangen sind. Ohne diese intensive und professionelle Arbeit wären die gewalttätigen Übergriffe womöglich weitergegangen. Der Dank gilt aber auch als Auftrag: Der Staat muss nicht nur ermitteln, wenn das Schlimmste bereits geschehen ist – er muss früher handeln.
Die Politik steht jetzt unter Zugzwang.
Im aktuellen Regierungsprogramm der Bundesregierung ist ein Nationaler Aktionsplan gegen Hasskriminalität vorgesehen – dieser müsse jetzt umgehend umgesetzt werden. Und zwar nicht irgendwann, nicht nach weiteren Runden des Abwartens – sondern sofort.
- Konkrete Maßnahmen zum Schutz der LGBTIQ*-Community
Etwa durch flächendeckende Sensibilisierungstrainings für Polizei, Justiz, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen – und zwar verpflichtend.
- Massive Investitionen in Aufklärung und Bildung an Schulen
Die Täter waren zwischen 14 und 26 Jahre alt. Es ist völlig unverständlich, warum Aufklärungsworkshops immer noch marginalisiert, blockiert oder gekürzt werden. Wer in Schulen queere Themen tabuisiert, überlässt das Feld jenen, die mit Hetze und Gewalt agieren.
- Mehr Ressourcen für niederschwellige Beratungs- und Unterstützungsangebote
Gewalt hinterlässt Spuren. Psychosoziale Versorgung, rechtliche Unterstützung und Community-Sicherheit dürfen kein Luxus sein.
- Ein Ende der spaltenden, queerfeindlichen Rhetorik aus der Politik
Wer mit Begriffen wie „Frühsexualisierung“ gegen queere Aufklärung hetzt, wer LGBTIQ*-Personen immer wieder mit Pädophilie in Verbindung bringt oder systematisch transfeindliche Narrative bedient, gießt Öl ins Feuer. „Politiker:innen, die so agieren, tragen eine Mitverantwortung dafür, dass sich junge Menschen zur Lynchjustiz gegen Homosexuelle legitimiert fühlen“, so Müller.
Die Umfrage der Stadt Linz zur Lebenssituation von LGBTIQ-Menschen aus dem Jahr 2023 zeigt deutlich, wie sehr Gewalt zum Alltag gehört: 15 % der Befragten gaben an, in den letzten fünf Jahren körperlich attackiert worden zu sein. Neu ist nun: Diese Gewalt ist nicht mehr nur individuell motiviert – sie ist vernetzt, geplant und mit rechtsextremer Ideologie unterfüttert.
„Wenn die Politik jetzt nicht umgehend reagiert, solche Umfragen endlich ernst nimmt, auch vor allem aus den Ereignissen der letzten Tage Konsequenzen zieht und ihre Versäumnisse der letzten Jahre nicht sofort beseitigt, trägt sie aktiv dazu bei, dass auch weiterhin Menschen in diesem Land Opfer von brutalen Hassverbrechen gewaltbereiter Rechtsradikaler werden. Dass ist nicht länger hinnehmbar,“ so Müller abschließend.
gez. Dipl.-Ing. Dr. Michael Müller
Vereinssprecher der HOSI Linz
Foto: Quelle: on.ORF.at, ZIB 2, 21.03.2025